Montag, 27. Oktober 2014

Gedanken zur Apartheid

Ein Thema, mit dem man in Südafrika zwangsläufig in Berührung kommt, ist die Apartheid. Südafrika ist für die meisten von uns Semesterthema der Klasse 11 in Englisch gewesen, weswegen wir uns schon im Vorfeld viel mit der Problematik der Apartheid beschäftigt haben. Allerdings lag der Schwerpunkt dabei hauptsächlich darauf, wie es zur Apartheid kam, was währenddessen geschah und wie in Südafrika letzten Endes die Gleichstellung erreicht wurde. Außerdem wurde aufgearbeitet, wie die schwarze Bevölkerung nach den Wahlen mit den Weißen und der Vergangenheit Südafrikas umgin. Dabei ging es vor allem um die Truth and Reconciliation Commission. Viel weniger wurde darüber geredet, was nach 1994 geschah und wie es heute in Südafrika aussieht.

Ich persönlich finde, dass man die Auswirkungen der Apartheid in Südafrika immer noch stark zu spüren bekommt. Egal wohin man geht, sei es der Supermarkt, Restaurants oder andere Geschäfte, werden Weiße von Schwarzen bedient. Fährt man an Schulen vorbei, fällt auf, dass es dort entweder überwiegend weiße oder überwiegend schwarze Kinder gibt. Mir war schon bewusst, dass es innerhalb von 20 Jahren keinen kompletten Wandel innerhalb einer Gesellschaft geben kann, allerdings hätte ich nicht gedacht, wie drastisch in Südafrika immer noch getrennt wird.
Besonders erschreckend fand ich ein Gespräch mit Florian, der erzählt hat, dass die einzigen weißen Freunde, die ihn in seinem Projekt besucht haben, Deutsche sind. Viele seiner südafrikanischen weißen Freunde hingegen verurteilen ihn sogar für das, was er im Projekt leistet. Die meisten hat er verloren, als er eine Beziehung mit einer schwarzen Frau einging.
Auch was das Wohnen angeht, hat man den Eindruck, dass es kaum gemischte Wohngegenden gibt. Während es viele weiße Viertel gibt, die durch Schranken abgesperrt sind und sehr luxuriös sind, wohnt ein Großteil der schwarzen Bevölkerung in ärmlichen Hütten in Townships. Auf unserem Heimweg kommen wir manchmal an einem Township namens Khayelitsha vorbei. Egal wohin man dann schaut, sieht man Wellblechhütten, die sich über Tausende Quadratmeter erstrecken. Allein in Khayelitsha wohnen eine halbe Million Menschen. Das macht immerhin ein Sechstel der Bevölkerung Kapstadts aus.
Townships wie Khayelitsha sind direkte Auswirkungen der Apartheid, denn viele entstanden im Zuge des Group Areas Act von 1950, der Schwarzen verbot, in südafrikanischen Städten zu wohnen.
Gerhard, unser Führer vom Kaphalbinselausflug, hat uns erzählt, dass sich neue Townships deswegen so schnell bilden, da man Menschen, die sich eine Hütte gebaut haben, erst dann bewegen kann wehzuziehen, wenn man ihnen eine menschenwürdige Unterkunft, also ein Haus mit fließend Wasser und Strom zur Verfügung stellt.
Die Lebensbedingungen in Townships sind hart. Meist gibt es keine sanitären Anlagen, die Kriminalitätsrate ist hoch. Außerdem ist Südafrika trauriger Spitzenreiter in den Bereichen Mord durch Feuerwaffen, Totschlag, Vergewaltigung und Körperverletzung. Diese Bereitschaft zu Gewalt schreibt man vor allem den extremen sozialen Ungerechtigkeiten zu, die wiederum eine Folge der Apartheid sind. So werden Schwarze immer noch schlechter bezahlt als Weiße, in den Townships hat man nur schlecht Zugang zu Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Während der Apartheid war es Schwarzen nicht erlaubt, gute Schulen zu besuchen. Dadurch ist die Analphabetenrate in der schwarzen Bevölkerung extrem hoch, wodurch es vielen Schwarzen immer noch schwerfällt, einen Job zu finden oder ihren Kindern bei Schularbeiten zu helfen.
Auch gibt es immer noch viele rassistische Weiße. So hat zum Beispiel der Farmer auf dem Nachbargrundstück von Vulamasango lange versucht, Florians Projekt zu verhindern, und ist damit sogar bis vor das Bundesgericht gezogen.
Auch wir als „Unbeteiligte“ spüren die Apartheid noch. Dadurch, dass wir weiß sind, haben wir das Gefühl, besonders nett zu den Schwarzen sein zu müssen, um etwas gut zu machen. Ist man zum Beispiel im Supermarkt und fragt nach etwas, versucht man um jeden Preis nett zu den Verkäufern zu sein, denn man hat Angst, dass die Verkäufer denken könnten, man würde sie herablassend behandeln, weil sie schwarz sind.
Wir sind viel mit dem Auto unterwegs. Dabei fällt einem auf, dass die meisten Autos, anders als in Deutschland, voll besetzt sind. Auf Pick-Ups werden auf die Ladefläche so viele Leute wie nur möglich gequetscht, überall stehen Menschen, die trampen wollen und auf eine Mitfahrgelegenheit hoffen. Oft sieht man Trucks, die von einer Menschentraube angeschoben werden, die dann nach ein paar Metern aufspringt.
Man fühlt sich betroffen, denn egal wie schlecht es den Menschen hier geht, sie bringen einem immer Freundlichkeit entgegen. Man sieht den Leuten zwar an, dass sie kein einfaches Leben haben, ihre Kleidung ist abgetragen, ihre Gesichter sind meist faltig, vernarbt und dreckig, doch sie haben immer ein Lachen für einen übrig. Für einen kleinen Spaß ist immer genug Zeit und das Wenige, was die Menschen haben, teilen sie mit einem.

Auch wenn der Alltag hier von Schwierigkeiten geprägt ist, gehen die Menschen mit einer Gelassenheit und Lebensfreude an alles heran, beschweren sich nicht und machen das Beste aus dem, was sie haben. Davon sollten wir uns in Deutschland eine große Scheibe abschneiden.


Olga

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